Helen Frankenthaler

Reise zur Abstraktion

Das Museum Folkwang in Essen zeigt eine herausragende Schau zum Werk von Helen Frankenthaler

Als ich 2019 die Biennale in Venedig besuchte, habe ich eher zufällig auch die «Kollateral-Ausstellung» von Helen Frankenthaler im edlen Palazzo Grimani besucht. Frankenthaler? Sagte mir damals überhaupt nichts. Aber mal ehrlich: Wie viele Malerinnen der New York School (eine Künstlergruppe im Umkreis des abstrakten Expressionismus) können Sie spontan aufzählen? Tja, eben! Vielleicht fiel Ihnen ja Elaine de Kooning ein? Oder Joan Mitchell? Lee Krasner? Grace Hartigan? Falls Sie viermal nickten, sind Sie schon ein Profi. 

Ich jedenfalls kannte Frankenthaler nicht, und war begeistert über das, was ich da für mich entdeckte. Eine Künstlerin, die zu Anfang der 50er-Jahre nach New York kam, ausgebildet an einer Kunsthochschule, in der sie den zeitgenössischen Kubismus von Picasso und Braque in ihre Bilder einfliessen liess. 

Sie begegnete Jackson Pollock, der damals bereits seine Drip-Paintings geschaffen hatte und dazu erstmals die Leinwand von der Staffelei nahm und auf den Boden legte, um sie mit Farbe regelrecht zu bespritzen. Seine Malerei war Körperarbeit. Der damalige Gross-Kritiker Clement Greenberg („Im Grunde gibt es nur zwei Arten von Kunst, gute und schlechte“), mit dem Frankenthaler einige Jahre zusammen war, machte sie mit Pollock bekannt. Und sie erfuhr, dass man Regeln überschreiten kann. Dass man das Malen neu denken kann. «Er ebnete mir den Weg und gab mir die Freiheit, meine eigenen Spuren zu hinterlassen und meinen eigenen Beitrag zu leisten», sagte sie später über diese Begegnung. 

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